Die Stämme und Kulturen der Mongolei

 

DIE VERSCHIEDENEN STÄMME DER MONGOLEI

In diesem Guide erfährst du alles über die verschiedenen Stämme der Mongolei; wie und wo sie leben und wie sie ihren Alltag gestalten.

DIE RENTIERNOMADEN

Etwa zweihundert Rentiernomaden, auch Tsaaten oder Dukha genannt leben mit ihren ca. 2200 Rentieren im Norden der Mongolei. Das Gebiet dieser nördlichen Nadelwälder an der russischen Grenze wird als Taiga bezeichnet:. Außer in der Zentralmongolei, besteht der Großteil der Mongolei aus Steppe und Wüste.

Die Rentiernomaden sprechen meist tuwinisch und mongolisch und sind überwiegend bekennende Buddhisten und praktizieren den Schamanismus. Die Bezeichnung Tsaaten kann wortwörtlich mit „Menschen, die mit  Rentieren leben“ übersetzt werden. Das Wort "Tsaa" bedeutet Rentier und "Tan"  Mensch. Sie sind  eine von vielen ethnischen Minderheitsgruppen in der Mongolei. Die Tiere sind ihre Lebensgrundlage. Das merkt man auch daran, dass man bei der höflichen mongolischen Begrüßung fragt: Geht es deinen Tieren gut? Denn wenn es den Tieren gut geht, geht es auch den Menschen gut.

Ursprünglich stammen die indigenen Rentiernomaden vom Stamm der Tuwiner ab, einer Gruppe verwandter Turkvölker, die die größte ethnische Gruppe im Altai-Sajan-Gebiet ausmacht. In Russland gibt es auch einen kleinen Staat namens Tuwa. Hier leben mehr als  200.000 Tuwiner. Das Stammesoberhaupt der Tuwiner, Galsan Tschinag ist auch in Deutschland als Autor bekannt; er hat zahlreiche Bücher geschrieben. Als die Mongolei 1911 unabhängig von China wurde und die nördliche Taiga in den Staat Tuwa eingegliedert werden sollte, versuchten viele Tsaaten erfolglos auf die mongolische Seite zu fliehen. Erst 1955 erhielten die Rentiernomaden Dukha ihre mongolische Staatsbürgerschaft und konnten in staatlichen Rentierkolchosen arbeiten.

Wer die Tsaaten im Sommer besuchen möchte, fährt oder lässt sich in sechs bis sieben Tagen nach Tsaagannuur fahren, einem kleinen Ort im sogenannten Darchadbecken, kurz bevor man die Taiga erreicht. Das kann unter Umständen eine schwierige Angelegenheit werden, da man auf sehr matschigen Pisten unterwegs ist. Im Winter dauert die Fahrt  über den gefrorenen Khuvsgulsee und den Ort Tsaagannuur bis zu den Tsaaten zwei bis drei Tage. Nach der dortigen Beantragung der Permit, fährt man über den Khogorgo Fluss noch ca einen halben Tag bis zum Lager der Tsaaten. Meistens liegt in der Mongolei nicht  viel Schnee und es ist ein gutes Durchkommen. Es ist trotzdem eine gute Idee, im Konvoi zu fahren, um einander im Pannenfall helfen zu helfen zu können. Im Ort Tsaagannuur angekommen, beantragt man bei der dortigen Grenzpolizei eine Erlaubnis, um den Clan der Tsaaten in der Osttaiga besuchen zu dürfen. Außerdem bezahlt man eine Art Foto- und Filmgebühr und kann das Tsaaten-Informationszentrum besuchen, in dem man nicht nur Touren zu den Rentiernomaden buchen kann, sondern auch ein Bett im Gästehaus des Dorfs. Nach Rücksprache mit dem Informationszentrum sollte man den Tsaaten Familien nach der Ankunft auch einen Geldbetrag für ihre Gastfreundschaft geben. Einer der Gründe, warum sie sich bereitwillig von Touristen besuchen lassen, ist, dass sie ihre Kultur bewahren möchten. Weitere mögliche Gastgeschenke, die von den Nomaden gerne gesehen werden, sind Mehl, Nudeln und Reis.

Die Tsaaten leben in kegelförmigen Tipis, auch Urts genannt, die an Indianerzelte aus Nordamerika erinnern. Ein weißes Segeltuch wird um ein paar längere Holzstangen gelegt, die aus Birkenholz gefertigt sind. Auf der Feuerstelle in der Mitte wird Rentier- Murmeltier- und Hirschfleisch und Tee mit Rentiermilch zubereitet, wie in den mongolischen Jurten. Rentiermilch hat einen fünf Mal so hohen Fettanteil wie Kuhmilch, sodass die jungen Rentiere schnell an Kraft gewinnen, um mit der Herde mitziehen zu können. Aber auch Steinböcke, Wildschweine und Elche werden  von den Tsaaten gejagt und verzehrt.

Geheizt wird mit dem Holz der Bäume in der Taiga. In so einem Tipi zu übernachten ist  ein besonderes und seltenes Abenteuer, ob im Winter bei klirrender Kälte mit bis zu -40 Grad, aber meist klarem Himmel, oder auch im Sommer, wenn man oben den Sternenhimmel durch das leicht offene Dach sehen kann. Mit Rentierfellen und Decken schützen sich die Tsaaten gegen die extreme Kälte.

Nomaden sind immer in Bewegung. Im Winter suchen sie Schutz vor der Kälte und dem Schnee und ziehen in niedrigere Lagen, damit ihre Rentiere  Moos und Flechten finden. Im kurzen Sommer, der von Juni bis August währt, kann es unter Umständen matschig werden und ohne Moskitoschutz sollte man sich nicht lange draußen aufhalten, dafür beeindruckt die Färbung der Bäume als sensationeller Indian Summer. Die Rentiere dienen den Selbstversorgern als Hauptressource; sie werden gemolken und als Reit- und Lastentiere genutzt.

Die Rentiernomaden tragen den typisch mongolischen Mantel, Deel genannt. Im Sommer eine leichte Version mit einem Gürtel um die Taille getragen, im Winter mit dickem Lammfell gefüttert, um der Kälte zu trotzen. Der Mantel dient nicht nur als Bekleidung; sondern auch als Schlafsack, Windschutz, Decke und Sitzkissen.

Natürlich hat die Moderne auch bei den Nomaden schon Einzug gehalten und neben Satellitenschüsseln, Funk, Handys, Motorrädern und Motorsägen findet man immer häufiger westliche Gebrauchsgegenstände aus der Zivilisation. Die Tsaaten sind ein friedvolles Volk, das nicht viel Worte verliert; Gäste grundsätzlich freundlich aufnimmt und ihnen ihre Lebensweise in einer natürlichen Atmosphäre, näherbringt. Mit nachhaltigem und sanftem Tourismus ist es den Tsaaten eventuell möglich, mit weiteren Generationen zu überleben und weiterhin Gäste zu empfangen.

DIE CHALCHA NOMADEN

Der Stamm der Chalcha Nomaden macht ca. 81 Prozent der Bevölkerung in der Mongolei aus, das sind ca. 2,27 Millionen Menschen und sie zählen damit zur dominierenden, bedeutendsten, ethnischen Gruppe. Die Chalcha Nomaden sprechen einen ostmongolischen Dialekt, der die Amtssprache der Mongolei und eng an die mongolische Schreibweise, dem Kyrillischen, angelehnt ist. Die meisten sind praktizierende Buddhisten, manche Anhänger des Schamanismus. Sie leben verteilt in der gesamten Mongolei und sind ein sehr gastfreundliches Volk. Ihre Behausung bezeichnet man als Jurte oder auch Ger und sie sieht von weitem aus wie ein Riesenchampignon. Das Wort Jurte kommt übrigens aus dem Türkischen und heißt übersetzt soviel, wie Zelt, Heimat oder Lagerplatz.

Bis zu drei Generationen leben zusammen in einer Jurte und das auf engstem Raum. In der Mitte der Jurte steht in der Regel ein Eisenofen dessen Ofenrohr oben aus dem Dachkranz herausragt. Auf diesem Ofen wird Milchtee, Fleisch und Suppe zubereitet; die Hauptnahrungsmittel der Chalcha Nomaden. Fleisch wird meistens gekocht oder getrocknet, selten gebraten. Salz und Pfeffer sind Luxusgüter, die in einer der Provinzhauptstädte gekauft werden müssen. Gewürzt wird im Sommer meist mit wilden Zwiebeln. Der typische Milchtee, der auch jedem Gast angeboten wird, ist ein Schwarztee, meist in Ziegeln gepresst, der mit Milch versetzt wird. Im Sommer wird der Viehbestand (Ziegen, Schafe, Pferde, Jaks oder auch Kamele) jeden Tag gemolken und die Milchprodukte, wie der Quark z. Bsp. wird für den Winter getrocknet und haltbar gemacht. Im Winter geben die Tiere seltener Milch und es gibt keinen Joghurt, Quark, Sahne und Butter. Geheizt wird mit dem getrockneten Dung der Tiere, denn Holzvorkommen gibt es nur im Norden und in der Zentralmongolei. Dieser wird mit einem Weidenkorb gesammelt und nach und nach verbraucht.

Für die Nomaden ist das Überleben des Viehbestands vor allem im Winter das Wichtigste, denn wenn die Tiere überleben, überlebt auch der Mensch. Deswegen beinhaltet die Begrüßung immer eine Frage nach den Tieren.

Bis zu zehn Mal im Jahr wechseln die Chalcha ihren Standort, immer auf der Suche nach ausreichend Weidegründen für ihr Vieh. Die Auf und Abbauzeit ist deswegen kurz und unkompliziert. Innerhalb einer Stunde werden sogenannte Scherengitter aus Holz zusammengebunden, die man ähnlich wie ein Akkordeon für den Transport zusammenschieben kann. Ein stabilisierender Dachkranz wird mit Holzstangen und Lederriemen mit den Scherengittern verbunden. Ein dicker Filz um die Scherengitter herum gelegt, isoliert gegen die Kälte und ein weißes Tuch schützt durch seine Wachsschicht gegen Nässe und Wind.

Die Alltagskleidung der Chalcha besteht aus dem typischen mongolischen Mantel, der Deel genannt und mit einem Gürtel aus Stoff oder Leder getragen wird. Es gibt eine Arbeitsversion mit derbem Stoff, einen Sommerdeel mit dünnem Stoff, einen Winterdeel mit Lammfell gefüttert und die Festtagsvariante mit einem feinen Seidenstoff und edlen Knöpfen.

Im sehr arbeitsreichen Sommer leben die Kinder bei den Eltern und Großeltern auf dem Land und in der Steppe und kümmern sich mit um die Tiere. Früh morgens ist es die Hauptaufgabe der Frauen, das Feuer anzufachen, Tee zu kochen und die Tiere zu melken. Die Männer holen das Vieh, das sich über Nacht in der Steppe verteilt hat, zurück zur Jurte.

Eine der Lieblingsbeschäftigung der Männer ist der Ringkampf, die Hauptsportart der Mongolei und das Bogen schießen. Natürlich gehört auch das Zureiten der Pferde zum mongolischen Alltag.

Die Winter sind eher ruhig, man verbringt Zeit mit dem Reparieren vieler Dinge und dem Spielen des Nationalinstruments, der Pferdekopfgeige. Es werden viele Spiele, wie das Shagai Spiel, ein Knochenschnipsspiel gespielt; Näharbeiten ausgeführt und Boortzog, frittiertes Gebäck gebacken. Das  Singen lieben die Mongolen über alles. Ihre Lieder handeln von ihren Pferden, ihren Müttern und der Natur. Nicht zu vergessen, der Kehlkopfgesang, auch Khömi genannt, den man überall immer wieder hört.  In manchen Gegenden, wie zum Beispiel am Khuvsgulsee, kann man auf dem zugefrorenen See Schlittschuh laufen, Eisstock schießen, Eisangeln und Eiskulpturen schnitzen. Auch Pferdeschlittenrennen mit Pferden, die Spikes unter den Hufen haben, finden statt.

Die Gastfreundschaft der Chalcha Nomaden ist außerordentlich. Wenn man im Winter eine Autopanne hat und ein Weiterkommen unmöglich ist, ist man selbstverständlich eingeladen, in der Familienjurte mit zu übernachten. Man wird verköstigt und wird oft zu einem Teil der Familie. Seit Jahrhunderten ist der Reisende unterwegs auf Schutz und Obdach angewiesen und diesen bekommt man auch, ohne groß darum bitten zu müssen. Bei den Mongolen werden ohnehin nicht viel Reden geschwungen, sondern es wird einfach „gemacht“. Sie haben eine unkomplizierte, pragmatische Mentalität und man kann sich immer auf sie verlassen.

DIE BURJATEN

Die in Russland größte nationale Minderheit mit insgesamt 260 000 Menschen lebt in Burjatien, einem Teil von Sibirien und spricht neben burjatisch auch russisch. Mit dem Ende der Sowjetunion proklamierte die autonome Republik Burjatien im Jahr 1990 seine Souveränität. Die Region ist etwa so groß, wie Deutschland; 350 000 km2. Die Hauptstadt Ulan-Ude, die zirka 4000 km von Moskau entfernt liegt, ist den meisten sicher bekannt als ein Stopp der Transmongolischen Eisenbahn. Kleinere Gruppen der Burjaten leben heutezutage auch in China und ca. 40 000 Burjaten im Nordosten der Mongolei, im Khentii Aimag, entlang der Grenze zu Russland.

Mitte des 17. Jahrhunderts verleibte sich Russland die westlich vom Baikalsee lebenden burjatischen Nomaden ein und beide Gebiete westlich und östliches des Baikalsees wurden von der Mongolei separiert. Die östlich vom Baikalsee lebenden Burjaten, auch Transbaikalen genannt, stehen den Mongolen am nächsten und leben als Hirtennomaden, unter anderem weil das Gebiet im Osten weniger fruchtbare Böden hat. Die burjatischen Nomaden in der nordöstlichen Mongolei sind meist sesshaft, leben heutezutage in Holzhäusern mit selbst angelegten Gärten und betreiben unter anderem Ackerbau.

Die Burjaten gehören  zwei Glaubensrichtungen an; dem Buddhismus und dem Christentum. Lange Zeit zuvor war die ursprüngliche Religion der Tengrismus, der aus dem Schamanismus stammt. Die Wurzeln der Burjaten sind historisch eng mit den Mongolischen verwandt. Trotz der Russifizierung überlebte später auch der Schamanismus, der massiv zur kulturellen Identität der Burjaten beitrug und heute auch vielfach praktiziert wird. Wie für die Mongolen, haben auch für die Burjaten die bunten Tücher, die man an Bäumen oder Holzpfählen gebunden vorfindet, eine wichtige Bedeutung. Jedes Band ist unweigerlich mit einem Wunsch verbunden, der sich nach der Befestigung erfüllen soll.

Die Bekleidung der Burjaten ist dem Schnitt nach, ähnlich wie der mongolische Deel und durch einen Winkel auf der Brust in drei verschiedenen Farben, in gelb, schwarz und rot gekennzeichnet. Schwarz steht dabei für die Trauer, Rot für das vergossene Blut der Ermordeten und Gelb für die Sonne. Die Frauen tragen eine Art Deel-Rock, der an der Vorderseite viele kleine Falten wirft.

Die zwei bekanntesten und nationalen Feiertage der Burjaten sind einmal das Neujahrsfest, das nach dem östlichen Mondkalender auch Sagaalgan genannt wird, was soviel wie Weißer Monat bedeutet und im Kreise der Familie begangen wird. Außerdem das Kulturfest „Surharban“, das ähnlich dem mongolischen Nadaamfest gefeiert wird. Man misst sich an drei Sportarten, dem Ringkampf, Bogenschießen und Pferderennen.

Die Burjaten essen viel Fleisch, Fisch, Kartoffeln und gefüllte Teigtaschen. Weisskohlsalat ist auch sehr beliebt sowie ein Nachtisch mit Zedernnüssen. Somit hat ihre Küche eine etwas größere Vielfalt als die anderen Nomadenstämme in der Mongolei.

Das Wichtigste für die Burjaten ist die Familie und vor allem ihre Kinder. Wenn eine Familie keine Kinder bekommen kann, werden sogar manchmal Waisenkinder adoptiert.

DIE NOMADEN DER GOBI WÜSTE

Die Gobi Wüste ist der am dünnsten besiedelte Teil des Landes. Hier leben doppelt so viele Kamele wie Menschen: zirka 130.000 Tiere. Die Kamele werden als Nutztiere gehalten und sind Hauptfleischlieferant für die dort lebenden Nomaden. Die meisten Menschen leben in der Stadt Dalanzadgad, die auch von den meisten Touristen angeflogen oder angefahren wird, welche die Gobi Wüste besuchen. Von hier aus geht es meist weiter zur Singenden Sanddüne, den flammenden Felsen, der Geierschlucht und dem Grand Canyon der Gobi Wüste. Gobi heißt aus dem Mongolischen übersetzt, Wüste.

Auch in der Gobi Wüste leben bis zu drei Generationen zusammen in einer Jurte und ziehen bis zu zehn Mal im Jahr um, immer auf der Suche nach ausreichend Weidegründen für ihren Viehbestand. Wie in den meisten Wüsten der Erde auch, wird es des nachts bitterkalt, vor allem im Winter oft bis zu minus 55 Grad.

Im Februar oder März findet in Bulgan ein zweitägiges Kamelfest statt. Die Kamele, der Stolz der Nomaden der Gobi Wüste werden herausgeputzt und treten in einem 15 km langen Kamelwettrennen gegeneinander an. Auch findet ein Kamelpolospiel und eine Parade statt. Hier kann man die ganze Pracht der schönen Tiere und den Stolz der Besitzer zu Gesicht bekommen.

DIE NOMADEN DER ZENTRALMONGOLEI

Zirka 42. 000 Menschen leben in den Provinzhauptstädten Charchorin, Zetzerleg und  Tosonzengel. Ihre Hauptnutztiere sind neben Ziegen, Schafen, Pferden vor allem die Jaks. Das ist eine zentralasiatische Rinderart, die bis zu 20 Jahre alt werden, mehrere Tage ohne Futter und Wasser überleben kann und enorm anspruchslos und perfekt an die extremen klimatischen Bedingungen in der Mongolei angepasst ist. Die Tiere leben 365 Tage im Jahr über draußen auf bis zu 4100 Metern Höhe. Sie sind äußerst widerstandsfähig gegen Kälte und Frost, liefern Fleisch, Milch, Wolle und Leder. Vor allem werden die Tiere  als Last- und Transporttiere genutzt, denn sie können bis zu 100 Kilo tragen. Auf sie werden die Jurten, Möbel etc. geladen, wenn ein Umzug ansteht.  Ihr Dung wird wie überall auch, als wertvolles Brennmaterial eingesetzt. Ansonsten gehören die meisten von ihnen zum Stamm der Chalcha Nomaden.

DIE KASACHEN

Die größte ethnische Gruppe im Westen der Mongolei sind die Kasachen, die mit zirka 70. 000 Menschen in der Provinz Bajan-Ulgij leben. Das entspricht etwa 4,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Nachdem die kasachischen Khane Mitte des 18. Jahrhunderts die Hoheit des russischen Zaren akzeptierten, fingen die ersten Siedler an, in die nördliche Steppenregion zu emigrieren. Schon damals, immer auf der Suche nach fruchtbaren Weidegebieten für ihren Viehbestand, bevölkerten die Kasachen die sogenannte Dsungarei im Nordwesten der heutigen Volksrepublik China. Ende des 19. Jahrhunderts ließen sich offiziell die ersten kasachischen Familien im Westen der Äußeren Mongolei, der heutigen mongolischen Republik, nieder.

Vorher gehörte Kasachstan zu Russland, später zur Sowjetunion und schlußendlich wurde es im Jahr 1991 unabhängig. Zwischen den Jahren 1990 und 1995 begaben sich zirka 40 Prozent, um die 60.000 Kasachen, wieder zurück nach Kasachstan.

Die Endung -stan hat einen indogermanischen Ursprung und bedeutet soviel wie Heimat, Ort.

Die Kasachen zählen zu den Turkvölkern, sind gläubige Muslime und gehen zum Beten in die Moschee. Das bekannteste Nationalfest am 22. März ist das sogenannte Nauriz Fest, das den Frühlingsanfang symbolisiert. Die Bezeichnung „Nauriz“ kommt ursprünglich aus dem Persischen und wird nicht nur von den Kasachen in der Mongolei, sondern auch in ganz Zentralasien gefeiert. Es ist ein Fest des Aufblühens nach dem Winter, der Lebensfreude und des Säens und Befruchtens. Schon vier Wochen vor dem Fest wird mit den Vorbereitungen begonnen. Neben vielen Ähnlichkeiten mit dem mongolischen Neujahrsfest werden an diesem Tag  Spezialitäten, wie Hammelrücken, Pferdefleisch, eine Art Kefir, Joghurt-Reis-Suppe und ein angesetzter Fruchtcocktail getrunken und gegessen. Normalerweise sollten sich sieben Obstsorten in dem Fruchtcocktail befinden, die aber nicht immer verfügbar sind. Rosinen findet man immer darin und die Zahl Sieben gilt als Glückszahl der Kasachen. Natürlich wünscht man sich, dass man diese Lebensmittel das ganze Jahr verzehren möchte und sie bedeuten, wie in vielen anderen Ländern, Wohlstand und Reichtum. Der Älteste zerteilt meistens einen Schafskopf und bietet während der Verteilung seine Ratschläge an. Manchmal werden sogar Eier gefärbt und die Kinder bekommen viele Süßigkeiten. Ein Gericht, was regelmäßig außerhalb des Nauriz Fest gegessen wird, ist Beschbarmak, was übersetzt soviel wie „fünf Finger“ bedeutet, da die Mahlzeit mit bloßen Fingern gegessen wird. Gekochte Nudeln werden mit dem gekochten Fleisch und einer Zwiebelsoße vermischt und zusammen mit einer Suppe verzehrt. Pferdefleisch ist bei den Kasachen viel verbreiteter als bei den Mongolen.

Außerdem werden oft Neujahrsfeuer gezündet, über die man springt und somit den Winter verabschiedet. Man betet für Glück und Gesundheit. Das Fest wird auch als Symbol für die Reinkarnation verstanden und man bekräftigt damit, dass man mit den Naturgesetzen in Harmonie leben möchte; es werden Bäume gepflanzt und damit die Verbundenheit zur Natur gezeigt. Es wird getanzt und man zieht die  schönste Bekleidung an. Manchmal werden ein paar Wochen vor dem Fest Keimlinge angesetzt und dann am Vorabend als ein Symbol des Aufblühens von den Mädchen in eine Art Brei hinein gerührt, der die ganze Nacht gekocht wird, während dazu Lieder gesungen werden, die von einer Trommel begleitet werden. Durch das Essen des Breis am Morgen danach, erhofft man sich, dass Wünsche wahr werden. Frisch Verheiratete, Verlobte und Neugeborene erhalten besondere Geschenke und wenn das Neugeborene ein Junge wird, wird dieser Nauriz genannt. All diese Bräuche werden so auch in der Mongolei gefeiert. Die kasachischen Jurten sind wesentlich größer als die mongolischen gebaut, mit sehr viel bunten Stickereien ausgekleidet und die Frauen tragen oft sehr bunte Tücher als Kopftücher. Die kasachischen Nomaden sprechen oft sowohl kasachisch als auch mongolisch bzw. englisch, wenn sie mit Touristen arbeiten.

Viele Kasachen sind in der Mongolei im Bergbau Sektor beschäftigt und der Großteil zeichnet sich durch seinen sehr guten Geschäftssinn aus. Bekannt sein dürften auch die Adlerjäger, die hier im Westen leben. Sie werden Berkutschi genannt, was übersetzt soviel wie Adlermann, bedeutet. Sinapbergen ist ein Adlerjäger, der in der Nähe von Sagsai lebt und der mehrere Adler sein eigen nennt. Er ist ein absoluter Profi und nimmt auch immer am jährlichen Adlerfest teil. Er ist ein stolzer Adlerjäger, der die Tradition schon lange weiterführt und sich wünscht, dass noch lange gejagt wird. Im Sommer lebt er mit seiner Familie in einer Jurte und im Winter in einem Steinhaus. Die Jäger praktizieren eine Jahrtausende alte Tradition: die Beizjagd mit Steinadlern. Junge Adlerküken werden früh von den Eltern separiert, an den Menschen gewöhnt und zum Jagen von Hasen, Murmeltieren, Füchsen, Rehkitzen und sogar Wölfen abgerichtet. Man bevorzugt dabei weibliche Adlerküken, denn diese sind wesentlich kräftiger und größer als ihr Gegenpart. Es ist ein sehr zeitintensives Trainieren, damit sich der Vogel an den Jäger gewöhnen kann und lernt, die Beute nicht zu töten, sondern nur festzuhalten, damit das Fell nicht beschädigt wird. Die Felle werden unter anderem verkauft und ernähren damit die Familien. Die Vögel werden wie ein Familienmitglied behandelt und nach ihrem Alter benannt. Also, Einjähriger, Zweijähriger usw. Wenn sich Jäger und Adler bestmöglichst ergänzen, ist das eine Garantie für ein perfekt eingespieltes Gespann. Das Auge des Adlers stellt sehr viel schneller scharf als das menschliche Auge, sowohl seitlich als auch geradeaus und die Lederhaube, die die Tiere tragen dient nicht nur als Schutz, weil sie sehr sensibel auf ihre Umgebung reagieren, sondern auch, um Fluchtversuche zu verhindern. Es wird nur im Winter gejagt, denn dann haben die Beutetiere das dickste Fell.  Die Adler bekommen nach jedem Jagderfolg einen Belohnungshappen, aber immer nur soviel, dass sie kräftig bleiben bzw. noch hungrig genug bleiben und nicht träge werden, um dann weiter jagen zu wollen. Um die 12 Jahre bleibt ein Tier bei seinem Besitzer, bevor es wieder in Freiheit entlassen wird.

Dieser Themenguide wurde von Sarah Fischer verfasst. Sie ist langjährige Mongolei Expertin und Autorin des Mongolei Reiseführers des Reise-Know-How Verlags.

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